Durchfallerkrankungen

Dr.med.vet. Petra Maritzen

Durchfall oder Diarrhoe ist keine Diagnose, sondern ein Symptom, dem eine Reihe von Ursachen zugrunde liegen können.
Unter Durchfall wird das gesteigerte Absetzen breiigen bis wässrigen Kots verstanden. Erkrankungen des Darms mit dem klinischen Symptom des Durchfalls können sowohl durch Erkrankungen des Dünndarms als auch des Dickdarms hervorgerufen werden. Nicht selten sind beide Abschnitte an der Erkrankung beteiligt.
Durchfälle können mit oder ohne Vermehrung der Kotmenge einhergehen. Während bei Dickdarmerkrankungen gehäuft jeweils kleine Portionen entleert werden, führen Dünndarmerkrankungen zum Absatz großer Mengen (sog. Massenstühle).

Schmerzhaftigkeit in Form von Krämpfen und heftigem Stuhldrang tritt hauptsächlich bei Dickdarmerkrankungen auf.

Der normale Wassergehalt im Kot beträgt 60 – 80 %, Durchfallkot enthält ca. 70 – 90 % Wasser, meist unverdaute Futterbestandteile, eventuell Blut- und/oder Schleimbeimengungen. Durch die beschleunigte Darmbewegung (Peristaltik) kommt es zu einer verkürzten Verdauungszeit, verbunden mit einer Resorptionsstörung, wobei die Flüssigkeitsresorption aus dem Darmlumen vermindert und das Einströmen von Flüssigkeit aus dem Gefäßsystem erhöht ist.

Die Ursachen für Durchfälle sind sehr zahlreich. Eine Unterteilung lässt sich zum einen nach der Dauer treffen, wonach akute und chronische (länger als 14 Tage anhaltende) Durchfallerkrankungen unterschieden werden.
Eine weitere Unterteilung erfolgt aufgrund der auslösenden Ursache.

Fütterungsfehler

Ursächlich kommen hierfür in Frage:

Viral und bakteriell bedingte Durchfälle

Parvovirose: der Erreger gehört zur Gruppe der Parvoviren und ist verwandt, aber nicht identisch, mit dem Erreger der Panleukopenie der Katze, weshalb die Infektion auch als „Katzenseuche“ bezeichnet wird. Eine Übertragung auf Katzen und umgekehrt ist allerdings nicht möglich.
Alle Sekrete und Exkrete erkrankter Hunde sind virushaltig. Da das Virus gegenüber Umwelteinflüssen sehr widerstandsfähig ist, ist nicht nur eine Übertragung von Hund zu Hund sondern auch durch kontaminierte Gegenstände wie Futterschüsseln, Decken, Hundehütten etc. möglich. Auch der Mensch kann die Krankheit einschleppen (Kleidung, Schuhe etc.). Besonders bei Welpen kann die Infektion sehr schwer verlaufen, bei perakutem Verlauf (sehr rasanter Verlauf) sterben die Tiere ohne das typische Krankheitsbild des blutigen Durchfalls.

Canines Coronavirus: das Virus ist in Hundepopulationen weit verbreitet und wird über den Kot ausgeschieden. Das klinische Bild äußert sich in nicht-blutigen Durchfällen, die meist mild verlaufen.

Staupeviren: die Infektion erfolgt meist von Hund zu Hund, eine indirekte Übertragung über Gegenstände wie z.B. Futterschüsseln, Schuhe etc. ist allerdings möglich.
Bei der Staupe sind verschiedene Verlaufsformen bekannt, u.a. die sogenannte Darmstaupe, bei der es zu fast unstillbarem Durchfall und Erbrechen kommt.

Leptospiren: Eine bakterielle Erkrankung ist die Leptospirose. Leptospiren werden von infizierten Tieren mit dem Urin ausgeschieden. Die Infektion erfolgt durch Kontakt über die Haut oder Schleimhäute. Als derzeitiger Hauptübertragungsweg gilt die Aufnahme von kontaminiertem Wasser (stehende Gewässer). Unter anderem kann die Infektion auch schwere Magen-Darm-Entzündungen hervorrufen.

Viren sind oft Wegbereiter für sekundäre bakterielle Infektionen. Dabei wird die normale Darmflora (Laktobazillen, E. coli, Strepto- und Staphylokokken, Proteus spp., Pseudomonas spp., Klebsiella spp., usw. in physiologischer Zahl) von z.T. pathogenen Keimen überwuchert (Clostridium perfringens, E. coli, Salmonellen, u.a.). Der Abwehrmechanismus ist überfordert, es kommt zu Durchfall.

Darmparasiten

Infektionen mit Spul-, Haken- Band- und Peitschenwürmern, Kokzidien, Giardien kommen beim Hund recht häufig vor und können mit akuten und chronischen Durchfällen einhergehen. Eine regelmäßige Entwurmung beugt diesem Problem vor.

Hefen und Pilze

Hefen und Pilze gehören zwar zur normalen Darmflora, können aber vor allem nach längeren Antibiotika- oder Kortisontherapien überwuchern und zu hartnäckigen Durchfallerkrankungen führen.

Chemische Substanzen und Gifte

Schwermetalle, Magnesiumsulfat, Insektizide, Rhodentizide (z.B. Rattengift), verschiedene Medikamente. Arzneimittelunverträglichkeiten werden manchmal gegenüber Antibiotika, Chemotherapeutika und verschiedener Schmerzmittel (Antirheumatika) beobachtet. Des weiteren haben Antibiotika oft unerwünschte Nebenwirkungen wie Erbrechen oder Durchfall, da neben den Krankheitserregern auch natürliche, für die Flora des Magen-Darmtraktes wichtige Bakterien abgetötet werden.
Vorsicht auch bei der Verabreichung von Humanpräparaten, da nicht alle für Hunde geeignet sind, zumindest nicht in der für den Menschen vorgeschriebenen Dosierung. Bevor Sie Ihrem Hund ein Humanpräparat verabreichen, kontaktieren Sie bitte immer einen Tierarzt.

Pankreasinsuffizienz

Unter der exokrinen Pankreasinsuffizienz versteht man die Unfähigkeit der Bauchspeicheldrüse, Enzyme, die zur Fettverdauung notwendig sind, zu produzieren. Anzeichen sind voluminöse, fettige, lehmfarbige Stühle, der Hund hat Heißhunger und verliert trotzdem an Gewicht. Der Tierarzt kann anhand einer Blut- und Kotuntersuchung meist die Diagnose stellen und die nötige Therapie einleiten. Neben einer bestimmten Diät werden Pankreasenzyme verabreicht. Manchmal tritt eine Regeneration der erkrankten Bauchspeicheldrüse ein, in den meisten Fällen ist allerdings eine Dauertherapie nötig.

"Stressbedingte Durchfälle"

Aufenthalte in Tierpensionen, lange Autofahrten in den Urlaub, oft verbunden mit abruptem Klimawechsel, die Hektik bei Hundeausstellungen, Wettkampfstress etc. können zu Durchfällen führen, die auf eine »nervös« gesteigerte Darmmotorik zurückzuführen sind.

Therapie

Abgesehen davon, dass bei der Behandlung sowohl akuter als auch chronischer Durchfälle die Ausschaltung der Ursache im Vordergrund steht, richtet sich die Therapie nach der Schwere und Dauer der Erkrankung.
In akuten Fällen, die ohne allgemeine klinische Erscheinungen wie z.B. Fieber einhergehen, genügt ein Nahrungsentzug für 24 bis 48 Stunden. Anschließend sollte über einige Tage eine Magen-Darmdiät verfüttert werden. Dazu eignen sich z.B. 2/3 gekochter Reis oder Nudeln, zusammen mit 1/3 gekochtem Hühner- oder Putenfleisch und gekochten Karotten, 1/3 Hüttenkäse oder Magertopfen. Auch Trockenfutter kann versucht werden. Die Diät sollte in kleinen Portionen mehrmals täglich verfüttert werden, um den Darm nicht zu überlasten. Elektrolyte können über das Trinkwasser verabreicht werden (Fertigpräparate in der Apotheke oder beim Tierarzt). Eine Umstellung auf das gewohnte Futter sollte schrittweise erfolgen (über mindestens 3 Tage).
Bei klinischen Symptomen wie Fieber (Normaltemperatur: bis 39°C, bei Welpen bis 39,5°C), Mattigkeit, Fressunlust, Erbrechen oder zunehmende Verschlechterung des Allgemeinzustandes Ihres Hundes, suchen Sie bitte umgehend einen Tierarzt auf.
Bei schweren Durchfällen werden insbesondere Natrium-, Kalium- und Chloridionen verloren. Vor allem Welpen sind durch die extreme Austrocknung stark gefährdet. Um den Elektrolythaushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen, ist eine Infusionstherapie nötig. Dem Tierarzt stehen eine Reihe von Medikamenten gegen Durchfall, Bauchkrämpfe, Infektionen etc. zur Verfügung, die in Form von Tabletten, Tropfen, Lösungen oder Spritzen verabreicht werden.